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Gericht Aktenzeichen Datum Az der Vorinstanz Stichworte
Schiedsgericht Bau (Hamburg) Schiedsspruch 24.09.2004 Vergleichsgebühr bei Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, Zwischenvergleich mit Schiedsgutachter-Vereinbarung
Tenor:
Der Schiedsbeklagte wird verurteilt,
1.      an die Schiedsklägerin (über den Teilbetrag von 15.000 € gemäß Teil-Schiedsspruch vom 5. Juli 2004 Ziff. 1 hinaus) weitere 7.918,27 €
nebst Zinsen in Höhe von 10,75 % auf 27.353,47 € vom 19. November 2003 bis 31. Juli 2004 und auf (15.000 € + 7.918,27 € =) 22.918,27 € ab 1. September 2004
zu zahlen;
2.      Zug um Zug gegen eine unbefristete, selbstschuldnerische unwiderrufliche Bürgschaft über 2.530,84 €
letzteren Betrag an die Schiedsklägerin zu zahlen;
3.      die Kosten des Schiedsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Schiedsklägerin zu tragen und deswegen an letztere zwecks Erstattung 4.663,80 € zu zahlen.
A.     Tatbestand:
I.
Streitig sind Restwerklohnansprüche der Schiedsklägerin aus einem Bauvertrag (nebst Nachträgen) mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Rechtsnachfolger der jetzige Schiedsbeklagte ist (vgl. Protokoll vom 5. Juli 2004).
1. Der ursprüngliche Bauvertrag vom 11. Juli 2002 (Anl. K 1) und die dazu geschlossene Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung (Anl. K 3) enthalten die Schiedsklausel gemäß Schiedsordnung Bau (SoBau) der Arbeitsgemeinschaft Baurecht im Deutschen Anwaltsverein.
2. Gemäß Teil-Schiedsspruch (mit vereinbartem Wortlaut) vom 5. Juli 2004 Ziff. 6 belaufen sich die bei Abnahmereife und mängelfreier Herstellung fälligen Restwerklohnansprüche aus dem Bauvertrag und den Nachträgen auf insgesamt 12.353,47 € abzüglich einer bei Schlusszahlung zu gewährenden Gutschrift von 4.435,20 €, so dass dann im Ergebnis 7.918,27 € zu zahlen sind (nicht versehentlich protokollierte 7.918,29 €).
3. Nach mehrmals verlängerter und schließlich fruchtlos abgelaufener Klageerwiderungsfrist und nach wiederholten Hinweisen des Schiedsgerichts auf die mögliche Zurückweisung unentschuldigt verspäteten und verzögernden Vorbringens (§ 1046 Abs. 2 Zivilprozessordnung ‑‑ZPO‑‑) hat der Schiedsbeklagte in der ursprünglichen Schiedsverhandlung vom 5. Juli 2004 - mündlich und unbelegt - Mängel behauptet (damaliges Protokoll S. 5).
4. In Ziff. 2 ff des Teil-Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut vom 5. Juli 2004 haben die Schiedsparteien geregelt, wie dieser Mängelstreit erledigt werden soll. Insbesondere sollte der Schiedsbeklagte bis Ende Juli 2004 eine Vorgabe von Punkten für eine Abnahme betreffend eventuelle Mängelfragen erstellen und sollte die Abnahme durch den Ingenieur Bert Jenner als Schiedsgutachter in einem gemeinsamen Ortstermin der Schiedsparteien mit dem Schiedsgutachter spätestens am Dienstag, den 10. August 2004, 10.00 Uhr, erfolgen (Ziff. 2 bis 5). Die Kosten für den Schiedsgutachter bis einschließlich des Ortstermins sollte der Schiedsbeklagte tragen (Ziff. 10). Der Schiedsgutachter soll auch über die Auszahlung und Fälligkeit bisheriger Sicherheitseinbehalte entscheiden (Ziff. 11). Wegen der Einzelheiten wird auf das damalige Protokoll (S. 6 ff) Bezug genommen.
5. Tatsächlich hat der Schiedsbeklagte weder dem Schiedsgutachter eine Mängelliste übermittelt noch ihn sonst mit der Wahrnehmung des vorgesehenen Abnahmetermins beauftragt (vgl. Schreiben des Schiedsgutachters vom 12. August 2004).
6. Für den Fall, dass keine Mängel mehr vorhanden sind, haben die Schiedsparteien im Teil-Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut die Zahlung der Restsumme von 7.918,29 € bzw. richtig 7.918,27 € bis 31. August 2004 geregelt (Ziff. 6), nebst Zinsen in Höhe von 10,75 % auf 27.353,47 € vom 19. November 2003 bis 31. Juli 2004 und in gleicher Höhe ab 1. September 2004 (Ziff. 7).
7. Für den Fall, dass sich Mängel herausstellen, war geregelt, dass die Restforderung erst nach Mängelbeseitigung nach Berechnung des Schiedsgutachters fällig werden sollte (Ziff. 8).
8. In der Rechnung der Schiedsklägerin vom 18. September 2003 hatte diese einen Sicherheitseinbehalt von netto 2.181,76 DM plus 16 % MWSt bzw. brutto 2.530,84 € zu Gunsten der Auftraggeberseite abgezogen (Anl. K 13 Seite 10).
Gemäß § 7 des Bauvertrags ist der Auftragnehmer berechtigt, den Sicherheitseinbehalt gegen Vorlage einer unbefristeten, selbstschuldnerischen unwiderruflichen Bürgschaft entsprechend der Regelung in § 17 VOB/B abzulösen (Anl. K 1).
Im Übrigen soll gemäß Teil-Schiedsspruch (Ziff. 11) auch der Schiedsgutachter über die Auszahlung und Fälligkeit bisheriger Sicherheitseinbehalte entscheiden.
9. Laut Teil-Schiedsspruch (Ziff. 9) trägt der Schiedsbeklagte die im Schiedsprozess bis dahin entstandenen schiedsgerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.
Die von der Schiedsklägerin verauslagten (und schon bis zum Teil-Schiedsspruch entstandenen) Schiedsgerichtskosten belaufen sich auf 2.976,20 € + 16 % MWSt 476,19 € (Schiedsrichter-Vorschussanforderung vom 26. Februar 2004) abzüglich 985,40 € + 16 % MWSt 157,66 € (Beweisgebühr-Gutschrift vom 5. Juli 2004), mithin netto 1.990,80 € plus 16 % MWSt 318,53 €.
Die der Schiedsklägerin (ebenfalls schon bis zum Teil-Schiedsspruch) entstandenen Anwaltskosten hat sie in ihrem Schriftsatz vom 4. August 2004 auf 2.673,00 € (plus MWSt) beziffert, einschließlich 15/10 Vergleichsgebühr nach dem Streitwert von 27.353,47 €.
II.
Die Schiedsklägerin trägt vor:
Da der Schiedsbeklagte eine Mängelliste weder in der Frist gemäß Ziff. 2 des Teil-Schiedsspruchs bis Ende Juli 2004 noch danach vorgelegt habe und sich auch nicht wegen des vorgesehenen Abnahmetermins an den Schiedsgutachter gewandt habe, sei nunmehr von der mängelfreien Herstellung auszugehen und die weitere Forderung fällig. Im Übrigen sei ihr – der Schiedsklägerin – nicht bekannt, dass der Schiedsbeklagte sie am vereinbarten Abnahmetermin 10. August 2004 erwartet hätte.
Die Schiedsklägerin beantragt,
den Schiedsbeklagten zu verurteilen,

an die Schiedsklägerin – über den Teilbetrag von 15.000 € gemäß Teil-Schiedsspruch vom 5. Juli 2004 Ziff. 1 hinaus – weitere (12.353,47 € inkl. 16 % MWSt ./. 4.435,20 € inkl. 16 % MWSt =) 7.918,29 € [gemeint: 7.918,27 €] (inkl. 16 MWSt)

nebst Zinsen in Höhe von 10,75 % auf 27.353,47 € vom 19. November 2003 bis 31. Juli 2004 und [sinngemäß auf (15.000 € + 7.918,27 € =) 22.918,27 €] ab 1. September 2004
zu zahlen;
2. Zug um Zug
gegen eine unbefristete, selbstschuldnerische unwiderrufliche Bürgschaft (entsprechend der Regelung in § 17 VOB/B) über (die in Anlage K 13 Seite 10 bezifferte Sicherheit in Höhe von 2.181,76 € plus 16 % MWSt =) 2.530,84 €
diesen Betrag an die Schiedsklägerin zu zahlen;
3. die Kosten des Schiedsverfahrens in Höhe von 4.663,80 € (vgl. Schriftsatz vom 4. August 2004, Summe 4.982,33 € abzüglich Schiedsrichter-Mehrwertsteuer bzw. entsprechender Vorsteuer) zu erstatten.
Der Schiedsbeklagte beantragt,
die mündliche Verhandlung zwecks eines neuen Abnahmetermins nach Gesundung des Schiedsbeklagten zu vertagen,
hilfsweise,
die obigen Klageanträge abzuweisen.
Der Schiedsbeklagte trägt vor:
Die Abnahme hätte am vorgesehenen Termin 10. August 2004 auch ohne vorherige Vorlage einer Mängelliste durchgeführt werden müssen. Gegebenenfalls hätten die Mängel im Abnahmetermin mündlich vorgetragen werden können. Persönlich könne er (der Schiedsbeklagte) an der mündlichen Schiedsverhandlung wegen kurzfristiger Erkrankung nicht teilnehmen.
Ergänzend wird auf die Sitzungsniederschriften vom 5. Juli 2004 (einschließlich Checkliste und Teil-Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut) und vom 17. September 2004 Bezug genommen, ferner auf die vorstehend zusammengefassten Vorgänge aus den Schriftsätzen und Anlagen.
B.     Entscheidungsgründe:
Die Schiedsklage ist zulässig und begründet.
I.
1. Die Schiedsklägerin kann von dem Schiedsbeklagten - über den Teilbetrag aus Ziff. 1 des Teil-Schiedsspruchs vom 5. Juli 2004 mit vereinbartem Wortlaut hinaus – die eingeklagte Restsumme von 7.918,27 € nebst Zinsen verlangen, wie bereits in Ziff. 6-7 des Teil-Schiedsspruchs berechnet.
Die von dem Schiedsbeklagten in der ersten mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2004 behaupteten Mängel hat er weder in der wiederholt verlängerten Klageerwiderungsfrist, noch nach Hinweis gemäß § 1046 ZPO auf den Ausschluss unentschuldigt verspäteten Vorbringens, noch in der im Vergleichswege in Ziff. 2 des Teil-Schiedsspruchs eingeräumten Frist bis Ende Juli 2004, noch danach substantiiert.
Sowohl nach den Verfahrensregelungen des in Bezug genommenen Teil-Schiedsspruchs als auch nach allgemeinen Grundsätzen ist daher von der mängelfreien abnahmereifen Herstellung auszugehen; im Übrigen ist somit nach Ingebrauchnahme und Wohnnutzung des Gebäudes gemäß Adresse auf mängelfreie Abnahme zu schließen.
Entgegen dem Schiedsbeklagten sind die Verfahrensregelungen des Teil-Schiedsspruchs unmissverständlich, erstens in Bezug auf die vom Schiedsbeklagten zu erstellende Mängelliste, zweitens in Bezug auf die dafür gesetzte Frist und drittens in Bezug auf die erst danach und ausschließlich vom Schiedsgutachter vorzunehmende Abnahme.
Dass der Schiedsgutachter nicht aus eigenem Antrieb, sondern nur nach Auftrag und Information durch den Schiedsbeklagten hätte tätig werden können, versteht sich im Übrigen von selbst und wird auch bestätigt durch die ebenfalls eindeutige Regelung betreffend die Schiedsgutachter-Honorarschuld des Schiedsbeklagten gemäß Ziff. 10 des Teil-Schiedsspruchs.
2. In Anbetracht der vorbezeichneten Umstände ist der Vertagungsantrag des Schiedsbeklagten abzulehnen und kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob und inwieweit er nach seiner Behauptung - unbelegt - kurzfristig am Tag der mündlichen Verhandlung erkrankt war. Dass er während der vorherigen Fristen an der Konkretisierung und Substantiierung eines Mangels und an der Einschaltung des Schiedsgutachters gehindert gewesen wäre oder unzureichende Gelegenheit zum Gehör gehabt hätte, behauptet er selbst nicht.
II.
Der Anspruch auf Ablösung des Sicherheitseinbehalts von 2.181,76 € plus 16 % MWSt bzw. brutto 2.530,84 € Zug um Zug gegen eine Bürgschaft (entsprechend § 17 VOB/B) ergibt sich aus § 7 des Bauvertrags.
Hiervon unberührt bleibt die gemäß Teil-Schiedsspruch Ziff. 11 vereinbarte Schiedsgutachter-Kompetenz, bei Ablauf der Gewährleistungsfrist über Auszahlung und Fälligkeit bisheriger Sicherheitseinbehalte - bzw. sinngemäß nunmehr über die Bürgschafts-Freigabe oder -Inanspruchnahme - zu entscheiden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt gemäß § 1057 i.V.m. § 91 ZPO dem Schiedsklage-Erfolg und erstreckt sich neben dem verauslagten Schiedsrichterhonorar auf die außergerichtlichen Kosten (§ 1057 i.V.m. § 91 ZPO; Checkliste im Protokoll vom 5. Juli 2004; § 17 Abs. 2 SOBau), wie oben beziffert.
1. Die zu erstattenden Anwaltskosten der Schiedsklägerin umfassen auch die Vergleichsgebühr, die i.S.v. Ziff. 9 des Teil-Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut entstanden ist, weil es sich dabei um einen Vergleich gemäß § 1053 ZPO handelt. Die Vergleichsgebühr richtet sich nach § 67 i.V.m. § 23 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO); letztere ist für den vor Juli 2004 begonnenen Schiedsprozess und gemäß den vereinbarten Checkliste-Regularien hier noch anzuwenden.
a) Die Vergleichsgebühr orientiert sich an dem vollen Streitwert einschließlich des Zwischenvergleichs betreffend die Schiedsgutachter-Vereinbarung (vgl. LAG Düsseldorf vom 18. Mai 2000 7 Ta 161/00, MDR 2000, 976; KG vom 19. April 1985 1 W 5706/84, JurBüro 1985, 1499; vom 16. Januar 1979 1 W 4643/78, MDR 1979, 592; OLG Düsseldorf vom 5. April 1979 2 W 14/79, WRP 1979, 555; entgegen OLG Stuttgart vom 14. Dezember 1983 8 W 521/83, JurBüro 1984, 550). Durch letztere ist im Übrigen eine gerichtliche Beweisaufnahme entfallen und Beweisgebühren erspart worden.
b) Die Vergleichsgebühr bemisst sich gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 BRAGO auf 15/10 einer Gebühr und nicht im Hinblick auf das anhängige (schieds)gerichtliche Verfahren auf nur 10/10 gemäß Satz 2 der genannten Vorschrift. Unter den dort abgegrenzten „gerichtlichen Verfahren“ werden nur Verfahren vor staatlichen Gerichten und nicht vor Schiedsgerichten verstanden (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. A., § 67 Rd. 12; Hansens, BRAGO, 8. A., § 67 Rd. 7). Diese Auslegung rechtfertigt sich aus dem Zweck, die staatlichen Gerichte durch den anwaltlichen Gebührenanreiz für alle außerhalb geschlossenen Vergleiche zu entlasten (und dabei möglicherweise auch schiedsgerichtliche Verfahren zu fördern).
2. Durch den erst in der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag zu 2 und den dadurch angewachsenen Streitwert haben sich die außergerichtlichen und schiedsgerichtlichen Kosten nicht erhöht (kein Tabellensprung in der BRAGO-Gebührentabelle).
3. In dem zu erstattenden Schiedsrichtervorschuss bzw. –honorar ist keine Vergleichsgebühr für den Teil-Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut enthalten (entgegen § 18 Abs. 2 Bstb. b SOBau und entgegen BGH vom 14. Juli 1988 III ZR 3/88, BGHR BRAGO § 23 Abs. 1 Satz 1 Mitwirkung 1). Der (Einzel‑)Schiedsrichter sieht gemäß seiner Praxis von deren Ansatz ab, um seinerseits Vergleiche zu fördern, durch die sich Verfahren zügiger erledigen lassen und mehr Rechtsfrieden geschaffen werden kann.
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